Blatzheimer Geschichte und Geschichten
Kugelmeier-Übersicht Personen-Übersicht Geschichte-Übersicht Homepage-Startseite

Pfarrer August Kugelmeier, 1862-1951

3. Kugelmeier und die Blatzheimer Ereignisse in der Presse

Der Blatzheimer Katholiken- oder Kirchenstreit des Jahres 1914 war über Monate hinweg auch ein Thema in den rheinischen Zeitungen. Überschriften wie "Die kochende Volksseele", "Die Blatzheimer Kirchenrevolution" ‚ "Die streikenden Baldachinträger" oder "Aufruhr in einem Eifeldorf" [6] geben erste Hinweise auf die Ereignisse in Blatzheim. Verschiedene Zeitungen wie die Rheinische Zeitung, die den Sozialdemokraten nahestand, oder der Rheinische Merkur, welcher das Zentrum unterstützte, nahmen das Thema Blatzheim sogar zum Anlaß, politisch aufeinander loszuschlagen. So berichtete die Rheinische Zeitung am 29. Mai 1914 u.a.: "Wie bürgerliche Blätter berichten, ist in dem sonst recht ruhigen und friedlichen Ort Blatzheim ... über Nacht schwere Revolution und Aufruhr ausgebrochen ... Die Milch der frommen Denkungsart der Blatzheimer Bauern hat sich in gärendes Drachengift verwandelt durch die Starrköpfigkeit einiger Kirchenvorstandsmitglieder, die absolut nicht einsehen wollten, daß ... unbedingt eine neue Kirche gebaut werden müsse. Die renitenten Mitglieder des Kirchenvorstandes wollten dem Betbedürfnis der Blatzheimer durch einen Erweiterungsbau an der jetzigen Kirche abhelfen, während Hochwürden und mit ihm die Mehrzahl der Ortseingesessenen sich für eine neue Kirche entschieden hatten. Die aus diesem Anlaß entstandenen kleinen Reibereien arteten in bedenklicher Weise aus, als plötzlich ohne Angabe von Gründen Hochwürden der Blatzheimer Pfründe Valet sagen mußte und im Orte das Gerücht zirkulierte, die Kirchenbaugegner hätten diese Versetzung des Pfarrers veranlaßt. Am Tage der Abreise des Pfarrers brach der Sturm los. Fenster wurden eingeworfen, Häuser beschmutzt, eine Feldscheune und mehrere Strohbarren, alles Eigentum der Familien der mit dem Kirchenneubau nicht einverstandenen Kirchenvorstandsmitglieder, brannten nieder ... Ein richtiger Aufruhr war komplett. Auf die Beamten wurde mehrfach geschossen. Die Zentrumspresse, die sonst immer recht schnell bereit ist, jeden harmlosen Straßenkrawall als Früchte sozialistischer Erziehungsarbeit anzusehen, verhält sich gegenüber den Blatzheimer Vorkommnissen merkwürdig reserviert. Augenscheinlich sind dem Zentrum die groben Exzesse, die sogar zur Brandstiftung führten, recht unangenehm. Blatzheim ist ein völlig zentrumstreuer Ort, Sozialdemokraten, die man gerne für die Unruhen verantwortlich machen möchte, kennt man in dem Ort nur vom Hörensagen, und der Öffentlichkeit zu zeigen, wessen ausgearteter klerikalreligiöser Fanatismus fähig ist, hütet sich die Zentrumspresse aus guten Gründen."

Hierauf druckte der Rheinische Merkur am 4. Juni 1914 eine Antwort, die von "bestinformierter, ortsansässiger Seite" stammte: "Aufruhr und Landfriedensbruch soll nach einem Bericht im farblosen Kölner Tageblatt seit einigen Wochen in unserer Gemeinde herrschen und die sozialdemokratische Rheinische Zeitung weiß sogar ... allerlei Mordgeschichten von schwerer Revolution in Blatzheim zu erzählen. Da mag der Wunsch der Vater des Gedankens sein. Wir Blatzheimer haben von der angeblichen Revolution, von Barrikadenbauten, Straßenkämpfen und dergleichen wenig gemerkt. Die Sache ist nicht halb so schlimm, als wie sie gemacht wird. Wenn die roten Bauernfänger und Kirchenfeinde meinen, die augenblicklich hier herrschende Erregung über die Versetzung des Pfarrers für ihre religionsfeindlichen und volksverhetzenden Zwecke ausnützen zu können, so kennen sie die Blatzheimer schlecht ...".

Daß dennoch "etwas los war" in Blatzheim, bestätigt selbst der Rheinische Merkur am 26. Juni 1914: "Das reine Wahrheitsinteresse verpflichtet den Rhein. Merkur, der in Blatzheim das weitest verbreitete Blatt ist, gegen die maßlosen Übertreibungen Front zu machen, wodurch unser Ort vor der Öffentlichkeit als revolutionäres Nest gebranntmarkt werden soll. Neben dem Bemühen, der Pflicht der Wahrheit zu genügen, leitete uns bei unseren Beschwichtigungsnotizen noch ein anderes Interesse, nämlich ... dazu beizutragen, daß endlich die so unerquicklichen Geschichten aufhören und Ruhe und Frieden wieder in unserer unter normalen Verhältnissen so friedliebenden Gemeinde einkehren ...".

Abgesehen davon, daß hier versucht wurde, auf höherer Ebene in sehr agitatorischer Weise politisches Kapital zu schlagen, ergibt sich aus diesen Artikeln, daß Pfarrer Kugelmeier in Blatzheim eine neue Kirche bauen wollte, daß er hierbei Gegner hatte, daß er andererseits offensichtlich bei der Bevölkerung sehr beliebt war und daß seine Versetzung Anlaß für eine Menge Unruhe in Blatzheim war.

Zu fragen ist, wie der Streit genau verlief und was letztlich dahintersteckte.

voriges Kapitel nächstes Kapitel