Blatzheimer Geschichte und Geschichten
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Pfarrer August Kugelmeier, 1862-1951

9. Kugelmeiers Beliebtheit beim Volk

Regelrechte Begeisterung drückt Onnau in seinem Brief aus: "Die paar Reichen sind leider nicht in der Lage, das liebe gute Herz des Herrn Pfarrers kennengelernt zu haben. Von dem mildtüchtigen, uneigennützigen Charakter, von seinem festen Glauben und inniger Liebe kann nicht genug gesagt werden. Kurz, das ganze Volk sowie ich selber sage: "Er war ein Heiliger, den die Vorsehung zur Verfolgung bestimmt hat." Er brachte es in zehn Monaten, die er hier war, sonntags von 30-40 auf 3.000 Kommunionen, ohne die Wochentagskommunionen bei 1.600 Einwohnern. Er gründete den Mütterverein mit 300 Mitgliedern, die Marianische Jungfrauenkongregation mit 150 Mitgliedern, den Jünglingsverein mit 120 Mitgliedern, den Katholischen Arbeitsverein "St. Joseph" mit 250 Mitgliedern [35]."

Die Aussage über die 3.000 Kommunionen muß relativiert werden; denn dies war zur Zeit der Mission in Blatzheim vom 8. bis 17. Febr. 1914, wie Kugelmeier selbst in seinem "Hausfreund" vom 1.3.14 schreibt. Überhaupt fällt auf, daß zu dieser Zeit, die auch die Zeit der härtesten Auseinandersetzung zwischen Kugelmeier und seinen "Gegnern" war, die Begeisterung noch mehr zunahm und die Vereinigungen gegründet wurden. Im "Katholischer Hausfreund" vom 29.3.1914 schreibt Kugelmeier: "So war Sonntag der 1. Febr. ... ein Freudentag, ... denn ich sah über 200 Mütter und Frauen bei der Frühmesse zur Kommunionbank schreiten, nahm wahr, daß nachmittags alle diese in feierlicher Weise dem neugegründeten Mütterverein beitraten. ... Dann konnte ich's zur Vermehrung meiner Freude sehen, wie am Sonntag, dem 22. Febr. ungefähr 150 Jungfrauen unter St. Mariens Fahne sich zusammenscharten und feierlichst in die Marianische Jungfrauenkongregation aufgenommen wurden, die an diesem Tage zur Gründung kam. ... Es kam Sonntag, der 8. März. Da schritten in früher Morgenstunde an 100 Jünglinge unter 20 Jahren zum Tische der Herrn. Diese wollten unter keinen Umständen zurückbleiben. ... Es wurde ... die Marianische Jünglingskongregation ins Leben gerufen. Und die Männer? ... Die Männer so höre ich munkeln, wollen eine starke Liga, ein tapferes Apostolat bilden, wollen ein Verein sein, der mutig eintritt für das Wohl der Gesamtheit..." Am 10. Mai, als die Versetzung Kugelmeiers schon lange feststand und auch schon bekannt war, gründete er den katholischen Arbeiterverein. Ein Berichterstatter des Rheinischen Merkur schildert dies im "Hausfreund" folgendermaßen: "... Es dürfte gewiß auch zu einer großen Seltenheit gehören, daß in einer Gemeinde mit nur ca. 1.600 Seelen ländlicher Bevölkerung direkt, sozusagen auf einen Schlag, 170 Mitglieder dem katholischen Arbeiterverein beitreten. ... Nicht oft hat Blatzheim eine so imposante Versammlung gesehen, und eine solche Begeisterung erlebt. Mit einem Festzug unter Voranschritt der Bießschen Musikkapelle, wurde der Präses Pfarrer Kugelmeier in den Merken'schen Saal abgeholt und im Nu war der große Raum dichtbesetzt. Das Vorstandsmitglied Jakob Beuth begrüßte den Präses und ließ seine Worte in einem donnernden Hoch auf denselben ausklingen. Darauf richtete Pfarrer Kugelmeier Worte der Begrüßung an die große Versammlung und legte dar, wie in Blatzheim schon längst eine Organisation der Männer und Arbeiter am Platz gewesen wäre. Mißstände und widerwärtige Verhältnisse wie die gegenwärtigen hätten dann vermieden werden können. Um so mehr soll der kathol. Arbeiterverein von jetzt an mitwirken zum Gesamtwohle der Gemeinde, soll unhaltbare Zustände, wie sie vorliegen, entschieden beseitigen helfen." Nach Schluß der Veranstaltung wurde Kugelmeier wieder mit Musik zu seiner Wohnung zurückgebracht. In der Anmeldung des Vereins beim Bürgermeister ist von einer Mitgliederzahl von 245 Mann die Rede. Eine sehr, sehr große Menge Blatzheimer war jetzt organisiert.

Bürgermeister Reichert sieht diese Gründungen quasi als Kampforganisationen des Pfarrers; vor allem den Arbeiterverein macht er für die Vorkommnisse vor, während und nach der Versetzung Kugelmeiers verantwortlich. "Obgleich die allabendlichen Menschenversammlungen ... alles andere als friedliche Gebetsveranstaltungen darstellten, war die Leidenschaft terroristischer Gewalttätigkeiten noch nicht entfesselt. Dazu bedurfte es noch einer Organisation, welche die Theorie der Herrschaftslosigkeit durch Störung der öffentlichen Ordnung mit Gewalttätigkeiten gegen das Leben und Eigentum ihrer Mitbürger in die Tat nach seinem Wegzuge als erbauendes Denkmal für seine kurze Amtsführung als Apostel des Friedens umsetzte. Er gründete am 10. Mai den katholischen Arbeiterverein, ... . Die ständige Brunnenvergiftung auf der Kanzel, in den vertraulichen Besprechungen in den Versammlungen katholischer Mütter ... verfehlten ihre Wirkungen nicht [36]."

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