Blatzheimer Geschichte und Geschichten
Schützenbruderschaft-Übersicht Geschichte-Übersicht Homepage-Startseite

Bürger-Schützenbruderschaft, seit 1849


...und seine Umsetzung in Blatzheim


Spuren dieser Tradition sind auch in der Blatzheimer Schützengeschichte auszumachen. Auf einige wenige gehe ich ein, so z. B. noch einmal auf die Fronleichsnamsprozession. Der von mir schon erwähnte Alfons Commer schrieb im Jahre 1925: "Bis zur Einführung des Herrn Pfarrers Contzen (im Jahre 1830) ... ging in Blatzheim die Fronleichnamsprozession von morgens 6 bis abends 6 Uhr. Als Atzung während dieses langen, anstrengenden Marsches lieferte traditionell ein bestimmter Bäcker "Fünfgroschenstutten", welche an einer Schnur um den Hals getragen wurden. Um 11 Uhr wurde an der Manheimer Grenze Mittagspause gemacht, das Allerheiligste reponiert und mit dem Velum verhüllt. Dann schossen während der Pause die Männer einen Holzvogel von der Stange, wobei gehörig Bier und Schnaps getrunken wurde und zwar so, daß manchmal eine recht animierte Stimmung entstand. Einmal soll sogar der Kreuzträger mit dem Kreuze nach einem Hasen geworfen haben und die Statue des hl. Cunibertus, welche auf einer Bahre mitgeführt wurde, im Felde zurückgeblieben sein. Den Frauen und Kindern wurde währenddessen eine Christenlehre gehalten, daher noch die in Blatzheim gebräuchliche Redewendung: "Christegelie mit Vugelschoß." Pfarrer Contzen machte diese feucht-fromme Sache nicht mehr mit, sondern teilte den von der Prozession zurückzulegenden Weg auf 2 Jahre, ... Die Änderung wurde von den Gläubigen im ersten Jahre ihres Bestehens, 1831, mit einem Prozessionsstreike belegt, doch war im folgenden Jahre, als Musik erschallte, wieder alles zur Stelle." (soweit Alfons Commer).

Alter Brauch ist, wie eben bei der Fronleichnamsprozession erkennbar, das Schießen auf einen Vogel. Im Alten Orient und im antiken Athen war der farbenprächtige Papagei, lebend oder als Attrappe, ein begehrtes Schützenziel, dargestellt auf Bildern, die vor ca. 2.000 Jahren entstanden sind. Im Mittelalter huldigten vorwiegend Angehörige des Adels oder das reiche Patriziat diesem Brauch, auf Papageien zu schießen. Manche sehen das Schießen auf einen hölzernen Vogel durch die Schützengilden als Ausformung einer bürgerlichen Gegenkultur gegen die höfische Art des Schießens. Wie dem auch sei, in Blatzheim hatte der Freie Bürgerverein seinen Platz gegenüber dem Kreuz am alten Buirer Weg. Dort wurde über viele Jahre hin eine hohe Stange aufgesetzt, die sogenannte Vogelrute, an deren Spitze der Holzvogel befestigt war. Vogelsruther Weg oder Vogelsruther Feld erinnern noch heute an diesen Platz und an diesen Brauch. Ende des letzten Jahrhunderts wurde als Schützenanger der "Dreesch" gewählt, ein damals mit Bäumen bewachsener Platz am Bach vor der "Tenk", der mehr zentral und in unmittelbarer Wirtshausnähe lag. Dort wurde die Vogelstange in die Krone eines Baumes gestellt. Professor Wallraff berichtet 1949, daß das Schießen auf dem "Dreesch" wegen der Lage des Platzes in der Ortschaft und der öfteren Schießübungen mit zu viel Gefahren für die Bevölkerung verbunden war. Und so wählte man um 1906 als neuen Schieß- und Festplatz die "Au", eine frühere Sandgrube. Wallraff schildert ihn so: "Dieser durch einen Sandberg, Hecken und Bäume, den Neffelbach und seine Wiesen mit einer gewissen Romantik umwobene Platz blieb bis heute am Schützenfest das Ziel der Schieß- und Schaulustigen, auf die er dann im Fahnenschmuck doppelt festlich und anziehend wirkt." - Wie gesagt 1949.

Es wurde jedoch nicht nur auf den Vogel geschossen, sondern es gab auch schon immer ein sogenanntes Preisschießen. Heute gilt es neben Preisen wie eine Reise der Firma Friese die Kölschgläser zum Jubiläum zu gewinnen, 1949 gab es Würste, Schinken, Haus- und Gartengerätschaften - Preise, die nicht zu vergleichen sind mit denen in der Blütezeit des Schützenvereins vom 14. bis 16. Jahrhundert, als in reichen Städten hohe Sachwerte ausgesetzt waren und auch lebende Pferde, Ochsen oder Widder, kostbare Kleiderstoffe oder kostbare Erzeugnisse der Gold- und Silberschmiede.

Das Schützenfest war damals der Höhepunkt des dörflichen Lebens. Früh gab es schon Besuche anderer Gesellschaften und Gegenbesuche. Der Chronist legt Wert darauf, daß das Blatzheimer Schützenfest stets friedlich und harmonisch verlief. Nur einmal wurden im vorigen Jahrhundert einige rauflustige Merzenicher "Krieger", die nach Blatzheim gekommen waren "en de Bach" geworfen.


voriges Kapitel nächstes Kapitel