Blatzheimer Geschichte und Geschichten
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Pfarrer August Kugelmeier, 1862-1951

7. Die Reaktion der "Gegner"

Einige Zitate kennzeichnen am besten die Stimmung und Schärfe, die bei den Angegriffenen, den sogenannten Kirchenneubaugegnern, herrschte: "...Vom Predigtstuhle aus bekam man nichts zu hören vom ersten und größten Gebot, nichts vom zweiten, was diesem gleich ist. Nein, wie ein roter Faden zieht es sich durch alle Predigten, keine Ausgleichung der Gegensätze, nein nur Verschärfungen derselben. Hie reich, hie arm. Mißbraucht wurde die Ihnen von Gott verliehene Rednergabe zur Ausstreuung von Haß und Zwietracht. Nur Stolz und Hochmut sprach aus allen Ihren Reden. Keine Autorität wurde anerkannt, weder geistliche noch weltliche... An diese Predigten schlossen sich in ihrer Wirkung noch verderblicher die Reden außerhalb der Kirche. Es ist ein leichtes, durch zügellose Reden das ungebildete Volk aufzupeitschen... Nun der Katholische Hausfreund. Ein Erbauungsblatt? ... Artikel, deren Inhalt ein von Gemeinheit und Niedertracht strotzender persönlicher Angriff auf einzelne, zuweilen wohl die besten Mitglieder der katholischen Gemeinde Blatzheims waren. Dann dieser gehässige zynische Sarkasmus [17]..." Ähnliche Vorwürfe erhebt Bürgermeister Reichert [18]. Um Verständigung warb offensichtlich noch der stellv. Kirchenvorstandsvorsitzende von Loe. In einem Schreiben an Kugelmeier heißt es, nachdem von Loe mitgeteilt hat, daß er "auf Anfordern des Provinzialkonservators, Herrn Prof. Dr. Renard, den Herrn Regierungsbaumeister Speckmann angewiesen habe, die Grundrisse und Bauskizzen demselben einzureichen und denselben auf Wunsch zu besuchen, um ihm erläuternden Vortrag zu halten": "...Zunächst stelle ich fest, daß es Gegner des Kirchenbaues, wie Sie im Hausfreund schreiben, in Blatzheim überhaupt nicht gibt... Die Gründe, welche einem sofortigen Kirchenbau widersprechen, sind vielfältiger Art und haben Sie sich denselben vor kurzer Zeit auch nicht entzogen. . . .Wie ich die Sache ansehe, treiben wir auf dem von Ihnen verfolgten Wege weiter der Krisis zu und lehne ich die Verantwortung dafür ab. Aber auch der anderen Ansicht trete ich bei, nämlich, daß nicht im Streit der Kirchenbau gefördert werden kann, sondern nur durch ein friedliches und folgerichtiges Vorgehen, wie es der Kirchenvorstand bisher eingehalten hat. Als ich vor 19 Jahren in die Gemeinde zog, war dieselbe durch Parteiungen zerrissen. In den 8 1/2 Jahren, während deren ich die Geschäfte der Gemeinde als Ehrenbürgermeister führte, habe ich es mir zum Ziel gesetzt, die Einigkeit in der Gemeinde zu fördern. Tief beklagen würde ich es, wenn durch die neueren Vorgänge in die vorher Gott lob einige Gemeinde wieder Streit einziehen würde und so möchte ich auch in dieser Stunde nochmals und trotz allem Geschehenen Ew. Hochwürden bitten, von dem beschrittenen Wege abzustehen [19]."

Aus Sicht des Bürgermeisters Reichert war der Ausgangspunkt für den sich anbahnenden Streit die Haussammlung, die Pfarrer Kugelmeier durchführte. "Seine Erfahrungen hierbei dienten als Stoff zu den Predigten, in welchem der Kirchenneubau zu Betrachtungen über den Idealismus der niederen und Materialismus der höheren Gesellschaftskreise diente... Die Gemeindevertretung der Bürgermeisterei Blatzheim durch die Art des Auftretens des Pfarrers verletzt beschloß in der Sitzung vom 10. Oktober 1913 den Erlaß einer Begräbnisordnung für die Friedhöfe (den alten und den demnächst auszubauenden Friedhof). Der Propaganda für den Kirchenneubau sollte durch die Aufnahme der Vorschrift, daß der alte Friedhof zu keinerlei Bauzwecken vor Ablauf von 10 Jahren freizugeben ist, ein Riegel vorgeschoben werden2O." Diese Vorschrift trat jedoch "mangels gesetzlicher Berechtigung" nicht in Kraft. Der Bürgermeister hatte Kreis und Regierungspräsident darauf hingewiesen.

Fest steht offensichtlich, daß diese Vorschrift als Vergeltung gegen den Pfarrer beschlossen worden ist. Pfarrer Kugelmeier reagierte mit seinen Vorwürfen über die Zustände auf dem alten Friedhof (vgl. Kap. 6, "Hausfreund" vom 16.11.1913); der Streit eskalierte. Mehrere Beschwerden gingen auch an den Regierungspräsidenten. Bürgermeister und Gemeindevertretung waren gefordert. Dem Regierungspräsidenten mußte berichtet werden. Zur "Friedhofsangelegenheit" nahmen der Totengräber und der Polizeisergeant Stellung: tatsächlich fanden sich "vereinzelte Knochen in einer Gesamtmenge, die der Polizeisergeant mit beiden Händen tragen konnte. Diese Knochenreste wurden sofort beigesetzt [21]." Später schreibt der Bürgermeister: "Tatsache ist, daß öfter Hunde aus dem an den Friedhof anstoßenden Schlachthaus ... Knochen nach dem Friedhof schleppen und dort weil ungestört abnagen [22]." Zu den Zuständen auf dem Friedhof nimmt Kugelmeier in seinem Rückblick noch einmal Stellung: "Eines habe ich wenigstens doch in Blatzheim durch entschiedenes Vorgehen erreicht. Die überaus skandalösen pietätlosen Zustände des Zivilgemeinde-Friedhofes nahmen ein Ende [23]."

Zwischenzeitlich lag der Gemeinde ein Antrag des Kirchenvorstandes vom 15. Dezember 1913 um Überlassung des Friedhofsgeländes vor. Da offensichtlich die Angelegenheit nicht weiterging, hatte sich Pfarrer Kugelmeier am 26.2.1914 an den Regierungspräsidenten gewandt, der ihm am 21.3.1914 antwortete, "daß die Vorarbeiten für die Anlage eines neuen Friedhofes bereits seit längerer Zeit im Gange sind. Die Benutzung des neuen Friedhofes wird erfolgen können, wenn die erforderlichen Voraussetzungen - Genehmigung der Begräbnisordnung erfüllt sind. Die landespolizeiliche Schließung des alten Friedhofes wird stattfinden, sobald die Prüfung der Verhältnisse die Notwendigkeit dieser Maßregel ergeben haben wird. Ich mache weiter darauf aufmerksam, daß die Verwendung von Friedhofsgelände für den beabsichtigten Kirchenneubau meiner ausdrücklichen Genehmigung bedarf und erst dann erfolgen kann, wenn eine Prüfung betr. die Abkürzung der 40-jährigen Ruhefrist keine Bedenken gegen eine solche Abkürzung ergeben sollte."

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